Verlegte Stolpersteine 2013

Die STOLPERSTEINE wurden am 23. Februar 2013 von Gunter Demnig verlegt. Wir danken den Spendern.

 

Die jüdischen Opfer

 

Roonstr. 39

Familie Cohen

Artur Cohen, geboren am 08.04.1892 in Dinslaken, war ein Sohn des Viehhändlers Leopold Cohen und seiner Ehefrau Rosalie/Rosette Cohen, geborene Liffmann. Das Ehepaar Cohen hatte sieben KInder: Sophie, Johanna, Meta, Selma, Hugo, Clara und Artur Cohen. Clara Cohen verstarb am 1. April 1906 im Alter von sechzehn Jahren, ihre Schwester Sophie war bereits 1882 im Alter von 8 Jahren verstorben. Roaslie Cohen verstarb im Jahr 1919, ihr Ehemann Leopold im Jahr 1931.

 

Artur Cohen heiratete Margarete/Grete Abraham, geboren am 09.11.1900 in Altenkirchen im Westerwald. Ihre Eltern waren Albert Abraham und Jeanette, geborene Horn. Ihre beiden Kinder, Rosel und Fritz, kamen 1925 und 1929 in Dinslaken zur Welt. Die Familie lebte im Haus des Schwiegervaters, Leopold Cohen. Lt. Standesamteintrag des Standesamtes Berlin-Schöneberg verstarb Artur dort 19.07.1938. Der Traueranzeige im "Israelitischen Familienblatt"  kann man entnehmen, dass er an den Folgen einer Operation verstarb. 

 

Nach dem Novemberpogrom vom 9./10. November 1938 verzog Margarete Cohen mit ihren beiden Kindern von Dinslaken zu einer Schwägerin nach Mönchengladbach in die Humboldtstr. 27. Es gelang ihr, Rosel und Fritz am 13. Dezember 1938 von Mönchengladbach aus, mit einem Kindertransport in die Niederlande/Amsterdam zu schicken. Sie selbst kehrte zunächst nach Dinslaken zurück. Hier lebte sie einige Zeit beim Ehepaar Liffmann in der Schlageterstr. 62. Im August 1939 meldete sie von Dinslaken nach Utrecht/NL ab. Margarete Cohen lebte mit ihren Kindern Rosel und Fritz ab dem 11. August 1939 in Valkenburg/NL.

 

Am 28. August 1942 wurde Margarete Cohen mit ihren Kindern Rosel und Fritz vom "Durchgangslager" Westerbork/NL in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Vermutlich wurde sie gleich bei der Ankunft am 31. August 1942 mit ihren Kindern ermordet.

 

Quellen:

Meldeauskunft/ Meldekarte Familie Cohen, Bürgerbüro der Stadt Dinslaken.

Memorbuch NS-Verfolgter Mönchengladbach.

 

Literatur:

Sepp Aschenbach, Steine der Erinnerung. Der jüdische Friedhof in Dinslaken, Dinslaken, 2006.

Danuta Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Hamburg 1989.

 

Auskunft:

Schriftliche Auskunft Standesamt Berlin-Schöneberg.

Schriftliche Mitteilung José Martin, Westerbork.

 

 

 
 

 


 

Neustraße 15

Familie Davids

Sigmund und Bertha Davids führten ein Schuhgeschäft in der Neustraße 15. Bertha Davids wurde als Bertha Cohen am 17.11.1873 als Tochter von Leeser Cohen und Henriette, geb. Salmon in Dinslaken geboren. Das Ehepaar Davids bekam drei Kinder: Henriette, geboren am 8.8.1904, Rudolf, geboren am 1.3.1906 und Fritz, geboren am 6.5.1910. Fritz Davids verstarb am 7.7.1923, sein Vater nur wenige Monate später am 9.9.1923. Ihre Grabsteine befinden sich auf dem jüdischen Friedhof in Dinslaken. Rudolf Davids besuchte das Dinslakener Real-Progymnasium und erlangte dort 1922 die "Mittlere Reife". Er heiratete 1935 in Heilbronn die von dort stammende Lise "Dora" Freudenthal. Sie war die Tochter von Heinrich Freudenthal und seiner Ehefrau Lea, geb. Hanauer und wurde am 6.6.1909 in Adelsheim geboren. Dora hatte noch die Geschwister Hans, geboren am 17.8.1911 und Bella, geboren am 5.3.1923. Henriette heiratete einen Mann namens Hugo Wolff und lebte u.a. in Solingen. Bertha Davids führte nach dem Tod des Ehemannes das Schuhgeschäft alleine weiter. Sie wurde im Juni 1935, wie andere jüdische Einzelhandelskaufleute auch, Opfer eines Dinslakener Buchhalters, der die "arische" Kundschaft der Geschäftsleute fotografierte. Seine Aufnahmen waren für einige Tage im Dinslakener "Stürmerkasten" am Neutor zu sehen.  Henriette Wolffs Ehe wurde geschieden, sie kehrte Ende 1936 für eine Weile zu ihrer Mutter nach Dinslaken in die Neustr. 15 zurück. Sie floh am 5.4.1938 nach Utrecht/NL.  Bertha Cohen floh im Mai 1938 ebenfalls in die Niederlande.  Sie wohnte in Amsterdam und  Utrecht. Rudolf und Dora Davids gelang die Flucht nach Palästina.

Bertha Davids und Henriette Davids-Wolff überlebten die Zeit der Verfolgung in den Niederlanden in einem Versteck. 1946 waren sie Mitglieder der jüdischen Gemeinde Utrecht und lebten gemeinsam in der Prof. L. Fuchslaan 4.

 

Die Patenschaft über den STOLPERSTEIN für Bertha Davids übernehmen die Stadtwerke Dinslaken GmbH.

 

Mitteilungen:

Schriftliche Mitteilung Het Nederlandse Rode Kruis, Den Haag.

Schriftliche Mitteilung Herinnerungscentrum Kamp Westerbork.

Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken.

Schriftliche Mitteilung Stadtarchiv Heilbronn.

Literatur:

Aschenbach, Sepp: Steine der Erinnerung. Der jüdische Friedhof in Dinslaken, Dinslaken 2006.

Prior, Anne: "Warum kauften diese Volksgenossen beim Zigarrenjuden Wolf?" In: Kramer, Nicole/Nolzen, Armin (Hrsg.): Ungleichheiten im "Dritten Reich". Semantiken, Praktiken, Erfahrungen. Göttingen 2012. (BGNS Bd. 28)

Quellen:

Adressbuch Stadt Dinslaken 1935.

100 Jahre höhere Schule in Dinslaken. 1901-2001. Herausgeber: Theodor-Heuss-Gymnasium Dinslaken 2001.

 
 

 

 


Neustraße 45

Familie Wolf

David Wolf war der Sohn von Salmon Wolf und seiner Ehefrau Johanna, geborene Isaacson und wurde am 27.6.1869 in Dinslaken geboren. Er heiratete die am 18.9.1879  in Ahrweiler geborene Emilie Heymann. Ihre Eltern waren der Weinhändler Friedrich Wilhelm Heymann und Sybilla, geborene Walter.  Salmon Wolf verstarb 1905 in Dinslaken, seine Söhne David und Hugo führten seine "Zigarrenfabrik und Zigarrengroßhandlung"  weiter. Am 3.7.1912 wurden die Zwillingstöchter  von David und Emilie Wolf geboren. Sie wurden nach ihren Großmüttern Sybilla und Johanna genannt. David Wolf engagierte sich im "Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens", eine Dinslakener Ortsgruppe war 1919 gegründet worden, 1937 war er Vorsitzender des C.V. in Dinslaken. Im Juni 1935 wurden auch die Wolfs Opfer eines Dinslakeners, der die "arische" Kundschaft jüdischer Einzelhandelskaufleute in der Neustraße, damals Schlageterstraße, fotografierte.Die Fotografien waren für einige Tage im "Stürmerkasten" am Neutor zu sehen. 1937 gaben die  Wolfs das jahrzehntelang von ihnen geführte Zigarrengeschäft auf und flohen nach Köln. David Wolf verstarb am 18.7.1938 in Köln und wurde auf dem jüdischen Friedhof Köln-Bocklemünd bestattet. Die Töchter Sybilla und Johanna flohen in die Niederlande. Sybilla war unverheiratet und lebte in Amsterdam, wo sie als Hausgehilfin arbeitete. Ihre Schwester Johanna hatte den am 5.5.1912 in Jever geborenen Karl de Levie geheiratet. Sie lebten in Haarlem, wo der gemeinsame Sohn Rolf am 7.3.1938 geboren wurde. Von der deutschen Verwaltung wurden sie gezwungen, nach Amsterdam umzuziehen. Am 15. Mai 1943 wurden Johanna, Karl und Rolf de Levie nach Westerbork verbracht, Sybilla Wolf traf am 21. Juni 1943 in Westerbork ein. Alle wurden am 18. Juli 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und ermordet. Emilie Wolf war von Köln aus bereits am 27.7.1942 in das "Altersghetto" Theresienstadt deportiert worden. Am 15.5.1944 wurde sie von Theresienstadt  nach Auschwitz deportiert und zunächst mit den anderen Ankömmlingen des Transports in das Familienlager BIIb in Birkenau untergebracht. Am 11. Juli 1944 wurde Emilie Wolf mit anderen Insassen des Familienlagers BIIb ermordet.

Hugo Wolf war der Bruder von David und wurde am 28.9.1866 in Dinslaken geboren. Er blieb ledig und führte mit seinem Bruder David das väterliche Zigarrengeschäft. Er floh in die Niederlande und lebte in Utrecht. Am 26. August 1942 wurde er in das "Durchgangslager" Westerbork verbracht. Am 28.8.1942 wurde er von Westerbork nach Auschwitz deportiert. Dort wurde der Fünfundsiebzigjährige sofort nach Ankunft des Transports ermordet.

 

Die Patenschaft über den STOLPERSTEIN für Hugo Wolf übernehmen die Stadtwerke Dinslaken GmbH.

Dafür und für die Patenschaft über den STOLPERSTEIN für Bertha Davids bedanken wir uns sehr herzlich.

 

 

Quellen:

Adressbuch Dinslaken 1935.

Adressbuch Kreis und Stadt Ruhrort 1901.

Wiener Library London, MF DOC 55/18/704.

Yad Vashem, Datenbank.

Bundesarchiv Gedenkbuch.

Mitteilungen:

Schriftliche Mitteilung Herinnerungscentrum Kamp Westerbork.

Schriftliche Mitteilung Synagogengemeinde Köln.

Schriftliche Mitteilung EL-DE-Haus Köln.

Literatur:

Aschenbach, Sepp: Steine der Erinnerung. Der jüdische Friedhof in Dinslaken, Dinslaken 2006.

Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Hamburg 1989.

Gottwald, Alfred/ Schulle, Diana: Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005.

Prior, Anne: "Warum kauften diese Volksgenossen beim Zigarrenjuden Wolf?" In: Kramer, Nicole/Nolzen, Armin (Hrsg.): Ungleichheiten im "Dritten Reich". Semantiken, Praktiken, Erfahrungen. Göttingen 2012. (BGNS Bd. 28)

 

 


Bahnstraße 12

Familie Katz

Leopold Katz wurde am 9.4.1876 in Hannover geboren. Er heiratete die am 27.8.1887 in Themar in Thüringen geborene  Martha Frankenberg. Die Eltern von Martha waren der Viehhändler Nathan Frankenberg und Bertha, geborene Rosenthal. Wann die Familie nach Dinslaken zog, konnte bislang nicht in Erfahrung gebracht werden. Auch Marthas Schwester Doris Frankenberg/Lorenzen lebte in Dinslaken, sie war mit einem Christen verheiratet.  Die beiden Söhne von Leopold und Martha Katz wurden in Dinslaken geboren: Siegmund Werner am 4.1.1917, Norbert Günther am 15.7.1923. Die Familie betrieb zeitweise ein kleines Textilgeschäft in der Bahnstr. 12.  Norbert Katz erlernte den Beruf des Schuhmachers.

Wann die Familie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Dinslaken verließ, kann nicht mehr genau festgestellt werden. Die Familie Katz lebte 1935 in Essen, Gänsemarkt 10. Der älteste Sohn Werner lebte zeitweise in Gelsenkirchen, bevor auch er  Mitte Mai 1935 nach Essen zog. Ein Jahr später floh er nach Ochsenzoll bei Hamburg. Ihm gelang die Flucht nach Skandinavien, später lebte er in Israel.

Leopold, Martha und Norbert Katz wurden am 21. Juli 1942 von Düsseldorf aus in das "Altersghetto" Thersienstadt verschleppt. Norbert Katz wurde am 28.9.1942 von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert und dort für den "Arbeitseinsatz" selektiert.  Leopold Katz verstarb im Ghetto Theresienstadt am 2.7.1944. Seine Ehefrau Martha wurde nach seinem Tod von Theresienstadt aus am 4.10.1944 nach Auschwitz deportiert und dort direkt nach der Ankunft des Transports am 6.10.1944  ermordet. Nur wenige Tage später, am 10.10.1944 wurde Norbert Katz vom Vernichtungs- und Konzentrationslager Auschwitz in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Im Außenlager Kaufering verstarb er am 14.3.1945.

"Die Zahl der Opfer im Lagerkomplex von Kaufering wird auf 4.300 Menschen geschätzt. Aber  die Zahl ist unvollständig, da sie weder Häftlinge berücksichtigt, die auf den Transporten nach Kaufering starben, noch die, die in den letzten Monaten, weil zu entkäftet, um noch zu arbeiten, aus dem Lager in Dachau in den sicheren Tod deportiert wurden."

Von Siegmund Werner Katz konnte in Erfahrung gebracht werden, dass er nach 1945 in einem Kibbuz in Israel lebte und sich Shlomo Katz nannte.

 

Quellen:

Bundesarchiv Gedenkbuch.

Yad Vashem Datenbank.

Landesarchiv Duisburg, Abt. Rheinland, Bestand BR 3008 ZK 259108

Mitteilungen:

Schriftliche Mitteilung Haus der Geschichte Essen.

Schriftliche Mitteilung Archiv der Gedenkstätte Dachau.

Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken.

Mündliche Mitteilung Frau Lorenzen, Dinslaken.

Literatur:

Blatman, Daniel: Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords. Hamburg 2011.

Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek, 1989.

Alfred Gottwald/Diana Schulle: Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941-1945. Wiesbaden 2005.

Prior, Anne: Wo die Juden geblieben sind, ist [...] nicht bekannt, Essen 2010.

Theresienstädter Gedenkbuch, Prag 2000.

 

Günther Katz

 

 


Goethestr. 74

Dr. Herbert Schein

Dr. Grete Schein

Hans-Erich Schein

 

Dr. Herbert Schein wurde am 18.8.1901 in Breslau geboren. Seine Ehefrau Grete Simon kam am 24.11.1900 in Lechenich zu Welt.  Dr. Herbert Schein wurde 1925 an der Medizinischen Fakultät der Universität Köln promoviert und ist als Kinderarzt in Dinslaken auch für die Gesundheit der Kinder im Israelitischen Waisenhaus Dinslaken zuständig. Die Praxis von Dr. Herbert Schein befindet sich  in der Roonstr. 20. Seine Ehefrau Grete ist promovierte Augenärztin.

Am 27.10.1936 flieht das Ehepaar Schein mit ihrem am 24.6.1931 geborenen Sohn Hans-Erich Schein nach Essen in die Huyssenallee 29. Später leben die Scheins bis zum 19.4.1940 in der Kronprinzenstr. 13. Die Tochter Judis wird am 10.9.1938 in Rüttenscheid geboren. Im Februar 1940 gelingt es der Familie, in die USA zu fliehen. In den USA werden die Studienabschlüsse des Ehepaares nicht anerkannt. Zunächst  legte Dr. Schein die notwendigen Prüfungen ab, während seine Ehefrau als Krankenschwester den Lebensunterhalt für die Familie verdient. Nachdem auch Dr. Grete Schein die nötigen Abschlüsse erreicht hat, spezialisiert sie sich erneut und arbeitet als Psychiaterin in einem Krankenhaus.

Dr. Grete Schein war die Kusine des bekannten Religionsphilosophen und Friedenspreisträgers des Deutschen Buchhandels Hans Jonas.

 

 

Jüdische Kolleginnen und Kollegen wurden frühzeitig aus der Ärzteschaft ausgeschlossen oder sogar verraten.

Der STOLPERSTEIN der Dinslakener Ärzteschaft soll sowohl die Erinnerung an dieses Verhalten als auch eine Mahnung für die Zukunft sein."

Text: Dr. Michael Weyer

 

 

Mitteilungen:

Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken.

Schriftliche Mitteilung Haus der Geschichte Essen.

Schriftliche Mitteilung Stadtarchiv Halle.

Schriftliche Mitteilung Archiv der Universität Köln.

Schriftliche Mitteilung Archiv der Gedenkstätte Dachau.

Schriftliche Mitteilung Dr. Johannsen, Düren.

 

Literatur:

Bormann, Heidi u. Cornelius: Heimat an der Erft. Die Landjuden in den Synagogengemeinden Gymnich, Friesheim und Lechenich, Erftstadt 1992.

Jonas, Hans: Erinnerungen. Frankfurt/Main 2005.

Seidler, E.: Jüdische Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet, geflohen, ermordet. 2. Auflage, Basel 2007.

 


 

 


Hünxer Str. 45

Salli, Miriam und Ruth Weinberg

Samuel „Salli“ Weinberg kam am 8.4.1906 in Hünfeld/Kreis Fulda als ältestes Kind des Viehhändlers Israel Weinberg und seiner Ehefrau Jettchen, geborene Schwab, zur Welt. Ihm folgten die Geschwister Klara, Else, Adolf und Manfred Weinberg.

Salli Weinberg wurde am 1. Oktober 1928 mit der Verwaltung der staatlichen-israelitischen Volksschule in Flieden, Kreis Fulda, Reg.-Bezirk Kassel beauftragt. Am 1. September 1929 wurde er in Fulda einstweilig zum Volksschullehrer ernannt. Dort legte er am 17. Juli 1931 die zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit der Note gut ab.

Am 1. Januar 1932 wurde  Weinberg einstweilig zum Volksschullehrer an die stattlich-israelitische Volksschule Niederaula/Kreis Herford, Reg. Bezirk Kassel, versetzt. Am 1. Mai 1933 erfolgte seine Beurlaubung, am 1. Januar 1934 dann aufgrund des §6 des „Gesetzes zu Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine einstweilige Versetzung in den Ruhestand.

Vom 20. November 1933 bis zum 30. Juni 1934 hatte er eine private Anstellung als Volksschullehrer an der öffentlichen-israelitischen Volksschule in Mönchen-Gladbach inne.

Ab dem 1. Juli 1934 erfolgte vom Reg.-Präsidenten in Düsseldorf die auftragsweise Verwaltung der planmäßigen Lehrstelle an der  israelitischen Volksschule in Dinslaken.

Salli Weinberg bezog in Dinslaken  ein Zimmer im Haus der Familie Spiegel in der Bismarckstr. 61. Fred Spiegel, damals Fritz Spiegel, erinnerte sich im Sommer 2012  an ihn:

„Er machte einen strengen Eindruck auf mich. Ein Lehrer war damals eben auch noch eine Respektsperson für uns Kinder.“

Vier Jahre lang, von 1934 bis 1938,  kämpfte Salli Weinberg um eine Besoldung, die seinem Dienstalter entsprochen hätte. Hierfür schaltete er auch die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ in Berlin-Charlottenburg ein, später bat er auch den „Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“, ebenfalls mit Sitz in Berlin, um Hilfe.

"Ich bin nun nahezu 3 Jahre in Dinslaken tätig, habe geheiratet und leide seelisch unter dieser Unsicherheit meiner Anstellungsverhältnisse, um deren Regelung ich nochmals bitte.“

schrieb er am 5. Juni 1937 an den „Herrn Minister für WissenschaftKunst und Volksbildung“, Bernhard Rust in Berlin.

Im Jahre 1938 wurden seine Bemühungen endgültig abgelehnt. Hierzu teilte ihm der Schulrat in Dinslaken im April 1938 mit, dass die an öffentlichen jüdischen Schulen beschäftigten Lehrer gemäß den Vorschriften des §20 des Volksschullehrerbesoldungsgesetzes eine Grundvergütung erhielten und ein Aufstieg nicht möglich sei.

Am 4.3.1937 heiratete Salli Weinberg die am 22. Dezember 1914 geborene Miriam Möller in Hamburg-Altona. Sie entstammte einer alten jüdischen Familie aus Altona und war die Tochter von Alexander Möller und seiner Ehefrau Betti, geborene Koppel. Alexander Möller starb in den letzten Tagen des Ersten Weltkriegs. Miriam und ihre 1916 geborene Schwester Ruth waren nun Halbwaisen.

Vermutlich im Jahre 1935 lernte Miriam ihren zukünftigen Ehemann in Dinslaken kennen. Sie verzog am 6.11.1935 von Köln nach Dinslaken in die  Schlageter-Straße (heutige Neustraße) 43 – dort befand sich das von Dr. Leopold Rothschild geleitete jüdische Waisenhaus.

Mit nur knapp zwanzig Jahren verstarb ihre Schwester Ruth 1936 in Frankfurt. Miriam zog daraufhin für einige Zeit zu ihrer Mutter und deren zweiten Ehemann nach Hamburg.

Am 4.3.1937 heirateten Salli und Miriam in Hamburg-Altona. Ihre Tochter Ruth wurde am 29. April 1938 in Dinslaken in der Hünxer Str. 45, der Wohnung des Ehepaares Weinberg geboren. 

Salli, Miriam und die kleine Ruth erlebten den Novemberpogrom 1938  in Dinslaken. Vermutlich wie die anderen Gemeindemitglieder auch, wurden sie in der jüdischen Volksschule und im Saalbau Rau für einige Tage „interniert“. Sie flohen am 8.12.1938 nach Hamburg. Später verzogen sie nach Fulda, wo die Geschwister und die Eltern von Salli Weinberg lebten. Ihre letze Anschrift in Fulda war die Karlstraße 5.

Am 9. Dezember 1941 wurde die Familie Weinberg von Kassel aus in das Ghetto von Riga deportiert. Salli Weinberg wurde im Dezember 1941 in das berüchtigte Arbeitslager Salaspils verbracht, wo er im 3. März 1942, einen Tag vor seinem fünften Hochzeitstag mit Miriam, verstarb. Bei der Auflösung des Ghettos Riga Ende Oktober 1943 wurden Alte, Kranke und Kinder nach Auschwitz verschleppt und nach der Ankunft sofort ermordet. Zu ihnen gehörte die fünfjährige Ruth Weinberg, die am 2. November 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Miriam wurde im November 1943 in das Arbeitslager HKP (Heereskraftfahrzeugpark) überstellt. Am 9. August 1944 befand sich Miriam Weinberg im Konzentrationslager Stutthof.

Durch das Heranrücken der „Roten Armee“ im Januar 1945 entschloss sich die Lagerleitung des Konzentrationslagers Stutthof, das Konzentrationslager zu räumen. Miriam wurde lt. eigenen Angaben am 10. März 1945 befreit.

Miriam Weinberg lebte im Oktober 1945 im DP-Lager Frankfurt-Zeilsheim. Im Oktober 1946 befanden sich in dem Lager Zeilsheim 3.570 jüdische Displaced Persons. Miriam war in den Jahren 1946 und 1947 Mitglied der jüdischen Gemeinde Fulda. Am 1. September 1949 emigrierte sie nach Israel. In Deutschland hatte sie zuvor ihren zweiten Ehemann geheiratet. 1960 lebte sie in Melbourne.

Ihre Schwiegereltern Israel und Jettchen Weinberg waren bereits im Juni 1939 mit ihrer Tochter Else nach Sydney geflohen.

Miriams Mutter, ihr Stiefvater und auch die Geschwister ihres Mannes, Klara und Manfred (Fredy) Weinberg überlebten die Jahre  der Vernichtung nicht.

 

 

Literatur:

Angrick, Andrej/Klein, Peter, Die "Endlösung" in Riga. Darmstadt 2006.

Kits, Abrams: Zwangsarbeit in Riga, Stutthof, Gotendorf. In: Dachauer Hefte Bd. 16 "Zwangsarbeit". Dachau 2000.

Schneider, Gertrude: Reise in den Tod. Deutsche Juden in Riga 1941-1944. Münster 2008.

Tohermes, Kurt/Grafen, Jürgen: Leben und Untergang der Synagogengemeinde Dinslaken. Dinslaken 1988.

 

Gedruckte Quellen:

Wiener Library, London, WLL 55/130/3333, Dokumente Salli Weinberg.

Scheffler, Wolfgang/Schulle, Diana: Das Buch der Erinnerungen. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechischen Juden. München 2003.

Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945. Hamburg 1989.

 

 

Internetquellen:

Bundesarchiv Gedenkbuch.

juedspurenhuenfelderland.jimdo.com/

Familie Weinberg

      

Mitteilungen:

Schriftliche und mündliche Mitteilung Fred Spiegel, New Jersey 2012.

Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken.

Schriftliche Mitteilung Stadtarchiv Mönchen-Gladbach.

Schriftliche Mitteilung ITS Bad Arolsen.

 

Die Patenschaft über die STOLPERSTEINE für die Familie Weinberg übernimmt der Lions Club Dinslaken 2012. Wir bedanken uns sehr herzlich stellvertretend bei Simone und Thomas Blatt.

 
 

Bismarckstr. 61

Familie Spiegel

 

Informationen zu Familie Spiegel werden derzeit neu überarbeitet.


 

Die politischen Opfer

 

Krengelstraße 43

Alexander Grandys

Alexander Grandys wurde am 23.8.1891 geboren. Er war zunächst russischer Staatsangehöriger, später jedoch staatenlos.Der Schuhmacher war KPD-Mitglied und wurde im Zuge der "Reichsstagsbrandverordnung" vom 28.2.1933 Anfang März 1933 in Dinslaken in "Schutzhaft" genommen und in das Konzentrationslager Brauweiler eingewiesen. Am 21.6.1933 erfolgte seine Entlassung. Im Mai 1937 wurde er erneut in Dinslaken verhaftet und in das Polizeigefängnis Duisburg überführt.  Verhaftungsgrund: "Verdacht der illegalen Betätigung im Sinne der KPD und Vorbereitung zum Hochverrat." Aus der erneuten Haft wurde Alexander Grandys am 18.8.1937 entlassen.  Im Zuge des gescheiterten Stauffenberg-Attentats auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 kam es zu umfangreichen Verhaftungen der politischen Gegner aus der Zeit der Weimarer-Republik, der sogenannten "Aktion Gewitter". In Dinslaken erfolgten die Verhaftungen sehr spät, am 15.9.1944. Während dieser Aktion wurden zahlreiche aktenkundige Gegner des NS-Regimes im Landkreis Dinslaken verhaftet. Vermutlich kamen diese aussschließlich aus dem linken politischen Spektrum. Nach derzeitigem Kenntnisstand starben vier ehemalige KPD-Mitglieder aus Dinslaken in den Konzentrationslagern, ein Häftling verstarb nach dem Krieg an den Folgen der Haftbedingungen. Er war in Bergen-Belsen befreit worden. Auch in Walsum, damals zum Landkreis Dinslaken gehörend, kam es zu zahlreichen Verhaftungen.  Vermutlich verstarben wenigstens sieben ehemalige Mitglieder der KPD aus Walsum an den Folgen der Haftbedingungen in den Konzentrationslagern. Leider ist die gesamte Aktion für das damalige "Reichsgebiet" bislang nur unzureichend durch die Wissenschaft erforscht. 

Alexander Grandys wurde im "Durchgangslager Holten/Ruhrchemie" inhafiert und von dort in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. In Sachsenhausen erhielt er lt. eigenen Angaben die Häftlingsnummer 104234. Die Akten der Kommandantur des KZ Sachsenhausen einschließlich der Häftlingskartei und somit nahezu aller Häftlingsakten wurden von der SS im Frühjahr 1945 vor der Befreiung des Konzentrationslagers vernichtet. Zweimal wurde er für wenige Tage in das Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg überstellt. Alexander Grandys wurde lt. eigenen Angaben am 7. Mai 1945 während eines Transports befreit. Der Schuhmacher kehrte nach Dinslaken-Hiesfeld zurück. Am 3.7.1973 starb er zweiundachtzigjährig in Dinslaken.

 

Mitteilungen:

Mündliche Mitteilung Frau Grandys.

Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Neuengamme.

Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Sachsenhausen.

Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Bergen-Belsen.

Schriftliche Mitteilung ITS Bad Arolsen.

Schriftliche Mitteilung Stadtverwaltung Dinslaken.

 

Quellen:

Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland , RW 58 63213

LIteratur:

Detlef Garbe/Carmen Lange: Häftlinge zwischen Vernichtung und Befreiung. Die Auflösung des KZ Neuengamme und seiner Außenlager durch die SS im Frühjahr 1945. Bremen 2005.

Meyer, Winfried: Aktion "Gewitter". Menschenopfer für Macht und Mythos der Gestapo. In: Dachauer Hefte Bd. 21 "Häftlingsgesellschaft" Dachau 2005

 

 


 

Die ernsten Bibelforscher/Zeugen Jehova

 

Forststr. 6

Wilhelm Bathen

 

Wilhelm Bathen wurde am 19.4.1892 in Homberg/Niederrhein geboren. Er wuchs in Sterkrade-Nord auf und besuchte die Moltkeschule in Barmingholten. Er erlernte das Schmiedehandwerk. Er war verheiratet und bekam mit seiner Ehefrau Anna zwei Kinder.  Ende 1922 trat Wilhelm Bathen aus der Evangelischen Kirche  aus und schloß sich den "Ernsten Bibelforschern" an. Am 2.12.1936 erfolgte seine Verhaftung durch die Stapoleitstelle Düsseldorf wegen "Verbreitung illegaler Schriften". Das Sondergericht Düsseldorf verurteilte ihn zu einer achtmonatigen Gefängnisstrafe. Am 2.8.1937 erfolgte seine Entlassung aus dem Gefängnis. Wilhelm Bathen wurde jedoch nicht in die Freiheit entlassen, sondern in das Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen. Anfang März 1943 wurde er von Buchenwald in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 45261. Im Außenlager Allach mußte er ab Ende Mai 1943 u.a. für BMW Zwangsarbeit leisten. Am 29.4.1945 wurde das KZ-Außenlager Allach befreit. Mitte Mai 1945 kehrte Wilhelm Bathen nach Dinslaken zurück. Er starb am 8.4.1979 in Dinslaken.

"In Allach, einem der großen Außenlager von Dachau, befanden sich am 25. April noch etwa 8900 Häftlinge, darunter auch jene, die zehn Tage zuvor aus Buchenwald und Natzweiler-Struthof eingetroffen waren."

 

Mitteilungen:

Mündliche Mitteilung Familie Bathen, Dinslaken.

Schriftliche Mitteilung Gedenkstätte Buchenwald.

Schriftliche Mitteilung Archiv der Gedenkstätte Dachau.

Quellen:

Landesarchiv Düsseldorf, Abteilung Rheinland RW 58 Nr. 58776.

Literatur:

Dinslaken in der NS-Zeit. Vergessene Geschichte 1933-45. Kleve 1983.

Blatman, Daniel: Die Todesmärsche 1944/45. Das letzte Kapitel des nationalsozialistischen Massenmords. Hamburg 2011.

 

Der Stolperstein für Wilhelm Bathen befindet sich zur Zeit nicht mehr auf der Forststraße 6. Er wird im Jahr 2024 erneuert. 

 

 

Texte: Anne Prior, 2013, 2022 und 2023.